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Unterwegs in
New Delhi 1965. (3)
Im 2. Reisebericht vom 23.1.2014 berichtete ich über unseren Trip von Lahore (Pakistan) in den indischen Punjab, über Amritsar, dem spirituellen Zentrum der Sikhs, über den Taglöhner und den fliegenden Händler in Delhi sowie über Kinderarbeit und Armut.
Flagge Indiens. Gemeinfrei.
Trotz der schlechten Bildqualität will ich euch meine Fotos nicht vorenthalten, führen sie doch in eine längst vergangene Zeit. Zum Teil sind ganz schlechte Fotos dabei, die ich von alten Dias einscannte. Ich war ja damals nicht auf einer komfortablen Fotoreise, sondern auf einem Beatnik-Trip entlang den Straßen der östlichen Welt.
Umrisse einer Moschee in der Wüste Belutschistan?
Wenn mit autostoppen nichts ging, was öfters mal vorkam, weil es fast keinen Verkehr gab, hielten wir schon mal einen Reisebus an.
Wir handelten mit dem Fahrer einen Bakschischpreis aus und kletterten an der am Heck angebrachten Leiter aufs Dach, auf dem neben Waren auch Menschen mit wenig Geld Platz fanden.
In Persien und Afghanistan war das Trampen einfacher, weil die Menschen zurückhaltender waren und Distanz zu uns hielten. Aber hier war es ganz anders.
Kaum standen mein Kumpel Jean und ich am Straßenrand, umringten uns Kinder und Erwachse, glotzten uns mit ihren warmen braunen Augen an, als wären wir soeben vom Himmel gefallen. Mit zunehmender Dauer bildete sich eine Zuschauerschar und machte das Stoppen unmöglich.
Unterwegs…
Es blieb uns jeweils nichts anderes übrig, als den Ort zu verlassen und so lange zu marschieren, bis die letzten Gaffer hinter uns zurück blieben.
Wir waren als Vorläufer der Hippies und späteren Rucksacktouristen ungewohnte Gestalten für die Bevölkerung. Trotzdem – so attraktiv waren wir nun auch wieder nicht – oder?
Auf unserer Reise nach Indien lernten wir viele interessante Leute und ihren Alltag kennen, Menschen mit Freuden, Sorgen und Nöten.
So lernten wir peu à peu auch die Armut kennen, die, je weiter östlich wir kamen, ausgeprägter wurde.
Die Stoffbehausungen, in denen die Ärmsten der Armen hier auf dem Trottoir hausierten, schockierte uns deshalb nicht so sehr, weil wir es in kleinerem Ausmaß schon in Pakistan sahen.
Dennoch machte uns diese Armut immer wieder zu schaffen.
Die heiligen Kühe begegneten uns auf Straßen, Städten, Dörfern, in Quartieren, wo auch immer – überall waren sie unterwegs.
Heute fliegt man ja einfach hin, steigt in gute Hotels ab, die einem den gewohnten Service bieten und der Guide zeigt das, was die Touristen gerne sehen wollen.
Das Wahrzeichen von New Delhi, das Rote Fort.
New Delhi ist die Hauptstadt und nach Mumbai (ehemals Bombay) die zweitgrößte Megastadt Indiens. Delhi beherbergt heute inklusive Agglomeration über 27 Mio Einwohner.
In einem Sikh-Tempel hieß uns ein Mann mit Turban und wallendem Bart auf unsere Frage nach einer Schlafgelegenheit freundlich nickend willkommen.
Er wies uns einen Raum zu und wir breiteten unsere Schlafsäcke auf einer Reismatte am Boden aus. Noch ein Hinweis auf Wasser, Klo und den Essraum. Fertig war die Einquartierung.
Er lud uns ein, am einfachen Mahl (meistens Suppe und Fladenbrot), das jeden Abend zubereitet wurde, teilzunehmen.
Der Haupteingang zum Fort, das Lahori-Tor.
Das Rote Fort liegt im Zentrum und wurde durch den Großmogul Shah Jahan im Jahre 1648 erbaut. Die Festung verdankt ihren Namen dem roten Sandstein, mit dem sie gebaut wurde.
Es diente fast 200 Jahre lang als Residenz der jeweiligen Mogulherrscher, deren Reich 1858 zu Ende ging. Das Ausmaß der Anlage ist gigantisch, rund 1 km lang und 500 Meter breit.
Als eines der meistbesuchten Sehenswürdigkeiten Indiens gehört es zum Weltkulturerbe der Unesco.
In der Anlage befinden sich Gebäude und Paläste, die der damaligen kaiserlichen Herrscherfamilien als Wohnsitz dienten sowie Audienzhallen, Pavillons, Badehäuser und eine eigene Moschee.
Ebenso eindrücklich steht das riesige Regierungsgebäude inmitten einer großen Parkanlage, indem die indische Zentralregierung arbeitet und tagt.
Die Pracht der Paläste und die für uns ungewohnten Bauwerke versetzte uns immer wieder ins Staunen.
Wir waren aber auch außerhalb der Prunkbauten an anderen Orten unterwegs, um mit Indern ins Gespräch zu kommen und etwas aus ihrem Alltag zu erfahren.
Wohnviertel in New Delhi.
Alles hier war sehr billig, sodass Geld für uns kein Thema war, obwohl wir nur mit wenig reisten. Nur einmal waren wir gefordert, als wir zu wenig Geld vorweisen konnten, um das indische Visum zu erhalten.
In Lahore war es, als wir uns mit anderen Rucksackreisenden auf einer Wiese vor der indischen Botschaft versammelten. Alle saßen im Kreise und hatten das gleiche Problem.
Wir gaben dem Tramper, der an der Reihe war das nötige Geld, mit dem dieser in der Botschaft die geforderte Summe vorweisen konnte und das Visum erhielt.
Der Visumbesitzer kam retour, gab uns das Geld zurück und das Spiel begann von Neuem.
Foto WMC. eig.Werk, Urh. Pdpics. http://pdpics.com.
Ich erinnere mich; für einen US Dollar (Fr. 4.50) gab es damals auf der Bank fast 9 Rupien, auf dem Schwarzmarkt aber ein vielfaches davon. 1 Rupie wiederum ist in 100 Paise eingeteilt.
Tee, Fladenbrot, Hamburger oder Bananen waren so billig, dass wir uns die Umrechnungen, die in Rappen oder halben Rappen endeten, sehr schnell abgewöhnten.
Da wir auf Salate als Vitaminspender wegen der Ruhr (Dysenterie) konsequent verzichteten, kauften wir bei “fliegenden” Händlern jeweils einen Strunk indische Bananen. Die waren kleiner als unsere, schmeckten aber besser und intensiver.
Foto www.photomediaservice.de Bananen Kerala.
Wir führten sie im Rucksack mit und aßen diese Menge locker in 2-3 Tagen auf. Ich meine, mich zu erinnern, dass so ein Strunk je nach Größe für 20 bis 30 Rappen zu haben war.
Indien produziert als weltgrößter Bananenproduzent (25 % Anteil) die Früchte ausschließlich für die eigene Bevölkerung.
Traditionelle Musik und Tänze.
Eine Schule oder ein Versammlungsort auf dem Lande.
Eine gemütliche Bummelfahrt auf einem Elefanten gefällig?
Genächtigt haben wir meistens in Sikh-Tempeln, christlichen Missionen, bei privaten Leuten oder irgendwo draußen unter einem Dach. Somit fielen auf der Reise keine teuren Hotelkosten an.
Der Spruch zum Tag
Wo Liebe wächst,
gedeiht Leben –
wo Hass aufkommt
droht Untergang.
Mahatma Gandhi.
Ich hoffe es hat euch gefallen und ihr seid nächstes Mal wieder dabei.
Ernst
Im nächsten Bericht werde ich euch über Jantar Mantar, Teestuben und Hamburger in New Delhi erzählen und über Old Delhi und Agra berichten.
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Was für ein herrlicher bebildeter Beitrag!!!
GlG Mathilda ☼
Danke Mathilda…
🙂 Ernst
1965 war ich 1 Jahr alt.:-)
Ob meine Eltern auch so gut ausgesehen haben und so viel erlebten?
Ein sehr schönerArtikel, danke.
Gute Nacht
danke, ich weiss es nicht 🙂 lach…
Du hättest mit deinem jugendlichen Jahrgang locker meine Tochter sein können 😉
Jugendlicher Jahrgang ist Klasse:-D 😀 😀 😀
Danke .
😀
Lieber Ernst, auch dieser Bericht von Dir wieder spannend und wie immer sehr informativ dokumentiert. Gute Zeit und Gruss Joe
Vielen Dank Joe, auch dir und Christine eine frohe Zeit. Grüess Ernst
Das muss eine wirklich sehr interessante Reise gewesen sein. Ihr habt das Land besser kennen gelernt als die heutigen „Hoteltouristen“. Seid ihr denn nicht krank geworden? Ja, ich habe gelesen, dass ihr aufgepasst habt die Ruhr betreffend, aber das war doch sicher trotzdem gefährlich. Dass euch die Kinder angestarrt haben ist doch verständlich, soooo schlecht habt ihr ja wirklich nicht ausgesehen 🙂 Danke für diesen interessanten Bericht.
Offenbar waren wir robust und bodenständig ;-), wir waren nie krank, haben aber trotz unserem jugendlichen Uebermut (23 Jahre alt) irgendwie immer die „Kurve“ gekriegt. Vielen Dank Ute.
🙂 Ernst
Hallo Ernst, danke für den spannenden Einblick 🙂 Liebe Grüße, Annette
Danke Anette 🙂
In dem Jahr wurde ich geboren, lieber ERnst. Aber Pst, muss ja nicht jeder wissen. 😉
Aber ja, es war sehr interessant. Und tolle Bilder dazu.
Danke dir.
Herzliche Grüße,
Martina
😀 , es bleibt unter uns! Du bist ja ein richtiger Jungspund(in). Lach 😉
Danke und tschau. Ernst
Ein interessanter Beitrag, lieber Ernst. Ich staune immer wieder, wenn ich diese Beiträge aus Deiner Jugend lese, über Euren Elan und Mut, quasi zu Fuß durch Länder zu Reisen, die für einen Europäer ja damals noch mehr als heute eine eher unbekannte und auch ungewohnte Welt waren, in der doch sicher auch so allerlei Gefahren lauerten – Krankheiten z.B., wie oben bereits von Ute angesprochen. Habt Ihr Euch eigentlich vor diesen Reisen irgendwie darauf vorbereitet, Euch Wissen über die entsprechenden Länder, Sitten und Gebräuche und auch darüber, wie man Gefahren begegnen konnte, angeeignet? Hattet Ihr Medikamente mit im Falle von Erkrankungen?
Mit Sicherheit war es eine spannende, aufregende Zeit, die sich Dir, wie wir hier lesen können, unvergesslich eingeprägt hat. Letztendlich braucht es sicher für so etwas auch ungeheuer viel Abenteuerlust, oder? … und die, denke ich, hat Euch ganz sicher nicht gefehlt *lach* Aber irgendwie schön, dass Du nun so als gestandener Mann auf ein solch interessantes und spannendes Leben zurückschauen kannst.
Liebe Grüße schickt Dir die Silberdistel aus einem Norden, der momentan rundum nass, ungemütlich und sturmgepeitscht ist
vielen Dank Silberdistel für deine Fragen und Zeilen. Vorgesehen war eigentlich nur der Aufenthalt in Kibbuzim’s in Israel. Als wir im Januar 1965 per Schiff nach Istanbul ausreisten, war der Entschluss schon gefasst, weiter nach Indien zu trampen. Wir lernten so die Völker, Landschaften und Menschen in ihrem Alltag live kennen und nicht aus Büchern. Die notwendigen Impfungen liessen wir im Pasteurinstitut in Teheran machen. Medikamente führten wir nicht mit, waren aber wo es sinnvoll schien schon vorsichtig 😉 😀
Grüess Ernst
Ciao Ernest ti auguro una bella giornata.. un abbraccio 🙂
Hoi Simona, grazie per la visita, essere sicuro che un piacevole Domenica, un abbraccio Ernest 🙂
Ein faszinierender Reisebericht mit sehr schönen alten Fotos, die ich so mag. Ihr habt super ausgesehen, kein Wunder, das euch alle verfolgten 🙂
Mal wieder herzlichen Dank für diese Zeitreise, deine genauen Erinnerungen faszinieren mich immer wieder!
Liebe Grüße!
Volker
lach und danke Volker für deine Zeilen 🙂 Mein Erinnerungsvermögen wird durch die Berichte besser, wie wenn ich dadurch eine geschlossene Zeitkammer im Gehirn geöffnet hätte. 😉 Dir eine gute Zeit. Ernst
Lieber Ernst. Was ist das wieder für ein faszinierender Bericht, wie aus 1001 Nacht erscheinen mir die prunkvollen Bauten. Ein Bericht aus einer anderen Zeit, fast einer anderen Welt. Nach Indien kommen wohl die wenigsten von uns und wenn, dann möchte ich nur in einer großen Reisegruppe reisen. So allein niemals. Aber es war damals eine andere Zeit. Schick schaust Du aus auf dem Foto mit dem Hut. Muss schon komisch sein, so begafft zu werden.
Liebe Grüße von Kerstin.
Lach, gell auf dem anderen Foto aber zu Fuss sah ich dann schon etwas „verlaust“ aus, das war oben in Nepal :-).
Ich war 23, unkompliziert und neugierig auf die Welt… 😀
Einen lieben Gruss. Ernst
Du warst ein wahrer Weltenbummler, lieber Ernst. Ich liebe es, mit dir in deine früheren Reisen einzutauchen 🙂 .
Liebe Grüße
Anna-Lena
Meine liebe Anna-Lena, ja ich habe Teile der Welt gesehen, die Eindrücke haben mich geprägt und bleiben in meinen Erinnerungen – so gesehen war es eine sehr günstige Reise… 🙂
Ich hoffe, Du bist gut ins neue Schuljahr gestartet, behalte deine Gelassenheit, es wird dir gut tun…
❤ Ernst
Ich gebe mir Mühe, lieber Ernst 🙂 .
Hab einen schönen Restsonntag.
Liebe Grüße aus dem frischen Brandenburg,
Anna-Lena
Uebrigens Du siehst auf der neuen Foto toll aus
Wow, was du alles erlebt hast, lieber Ernst. Ich komme immer wieder aus dem Staunen nicht raus. Das muss alles sehr aufregend gewesen sein, obwohl ich mit der Armut auch ein Problem gehabt hätte. Das hätte mich sicher sehr mitgenommen und nicht mehr losgelassen.
Und ich würde schon sagen, dass du ziemlich attraktiv warst (und sicher noch bis), um auf deine Frage zu antworten.
Liebe Grüße
von der Waldameise
Tja, es war aufregend, aber Du weisst ja Andrea, in jungen Jahren war ich noch neugierig und sorgloser als heute ;-), danke für deine Blumen von wegen attraktiv, lach…
Grüess Ernst
Wieder so ein wundervoller Bericht über Länder, in die man heute teilweise gar nicht mehr reisen kann, wie Afghanistan.
Aber was ihr in Indien auch erlebt habt, ist sehr beeindruckend. Deine Foto sprechen Bände.
Das mit dem Visum habt ihr ja super hinbekommen, lach.
Ab und zu wollen die hohen Herren ausgetrickst werden, grins.
Danke für diesen höchst interessanten Bericht
Bärbel
🙂 danke und dir eine gute Zeit. Liebe Grüsse Ernst
Great post !!!
Thank you so much…
hello, Ernest
Kisses
Hoi Araan, Kisses too you…
großartiger Bericht!
Sowohl was Text wie auch die schönen alten Fotos angeht…
zauberhaft!
LG vom Lu
Vielen Dank Lu
für deine Zeilen. Es freut mich, dass dir mein Bericht gefallen hat. Es bedeutet mir Ansporn für neue Reiseberichte über Indien und Nepal und den Mittleren Osten, die noch anstehen.
Liebe Grüsse Ernst
Lieber Ernst, ich habe deine drei wunderschön bebilderte Reisereportagen sehr, sehr gerne gelesen. Das war jetzt einen Ausflug in der Vergangenheit und zu gleich in einer für mich unbekannten Teil der Welt. Hab herzlichen Dank dafür!
Liebe Grüße zu dir,
Dina
Liebe Dina,
hab herzlichen Dank für deine Zeilen. Es freut mich sehr, dass dir meine Berichte gefallen haben. Es werden noch einige folgen; da sind noch Bilder und Erinnerungen, die ich noch in einen Kontext bringen muss, was mir viel Zeit ab fordert.
Dir wünsche ich eine gute Zeit und sende einen lieben Gruss. Ernst